Jeder von uns wird in ein bestimmtes Familiensystem hineingeboren. Dieses prägt uns durch viele Traditionen, Lebenserfahrungen, Erlebnisse, Glaubenssätze, Gewohnheiten, Zugehörigkeiten und manches mehr. Da stellt sich die Frage
„Leben wir wirklich unser Leben mit unseren Lebensaufgaben und unserem Potenzial oder wird es zu einem großen Teil von den aus unserem Familiensystem kommenden Verschränkungen bestimmt und gelenkt?“
Drei Beispiele sollen diese Herausforderung Familiensystem veranschaulichen.
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“
Vor allem in den ersten Lebensjahren übernehmen wir viel von unseren Eltern, so wie diese von ihren Eltern übernommen haben. Sehr prägnant sind immer wieder so genannte „Glaubenssätze“, die entweder aus dem Erleben in der eigenen Familie entstanden sind, oder die die generelle gesellschaftliche Haltung einer bestimmten Zeit zum Ausdruck bringen.
Einer dieser Glaubenssätze, den ich oft zu hören bekommen habe, ist
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!“
Was bewirkt diese Aussage?
Zunächst einmal unterscheidet sie ganz klar zwei Bereiche. Auf der einen Seite ist da die Arbeit und dem gegenüber steht das Vergnügen. Dies sind also offensichtlich zwei nicht zu vereinende Gegensätze. Wir können entweder arbeiten oder Vergnügen haben.
Auf der anderen Seite steckt hinter dieser Aussage eine Hierarchie dieser beiden Bereiche. Die „Arbeit“ kommt auf jeden Fall zuerst. Sie ist also wichtiger. Wenn dann noch Zeit übrig ist, darf auch noch etwas Vergnügen sein.
Das Wort „Arbeit“ ist in unserem Bewusstsein damit verknüpft, dass etwas anstrengend ist und keine Freude macht. Wir müssen etwas leisten, das oft jemand anderer von uns erwartet und fordert. „Arbeit“ wirkt schwer und unangenehm. Deshalb ist es meistens das Ziel, sie schnell hinter sich zu bringen, damit wir etwas anderes zu unserem Vergnügen tun und genießen können.
Das ist die Prägung, die wir durch diesen Glaubenssatz tief in unserem Unterbewusstsein in uns tragen. Ich kenne tatsächlich viele Menschen, die arbeiten, weil sie Geld zum Leben brauchen, aber nicht weil sie mit ihren Fähigkeiten und Visionen einen besonderen Beitrag in unserer Gesellschaft einbringen möchten. Wirklich zu leben scheinen sie erst dann, wenn sie Ferien haben oder schließlich in Rente gehen können.
Das finde ich sehr schade, da auf diese Weise ein großer Teil der Lebenszeit für etwas eingesetzt wird, das als notwendiges Übel betrachtet wird. Deshalb unterstütze ich Menschen dabei, solche Prägungen loszulassen und ihre eigenen Lebensaufgaben zu finden. Für diese fällt es leicht, sich zu 100% einzusetzen. Denn es ist genau das, wofür wir in diese Welt mit genau den dafür passenden Fähigkeiten gekommen sind.
Die Trennung zwischen Arbeit und Vergnügen braucht es dann nicht mehr. Denn Arbeit kann auch Vergnügen sein!
Verschobene Verantwortlichkeiten
Eine weitere Herausforderung im Familiensystem ist es, wenn Verantwortlichkeiten nicht dort sind, wo sie eigentlich hingehören. Vor allem Kinder neigen unbewusst dazu, ihren Eltern etwas abzunehmen, wenn sie wahrnehmen, dass sie leiden oder überfordert sind.
Ein Beispiel, das heute häufig anzutreffen ist, ist die Trennung der Eltern. Vorher in der Familie haben beide Elternteile ihren Teil zum Familienleben beigetragen. Meistens ist dann die Mutter mit den Kindern alleine und der Vater hinterlässt eine Lücke, die oft der Sohn zu schließen versucht. Er fühlt sich in der Verantwortung, den Vater zu vertreten und dadurch die Mutter zu entlasten.
Das ist natürlich keine bewusste Entscheidung. Kinder übernehmen diese Verantwortung aus Liebe zu ihren Eltern, ohne es selber zu merken. Da es aber nicht ihre eigene Verantwortung ist, überfordert sie dies früher oder später. Deshalb ist es wichtig, in einer solchen Situation sehr achtsam zu sein und seinem Kind diese Verantwortlichkeit nicht zu überlassen bzw. sie ihm wieder abzunehmen.
Solche Verschiebungen der Verantwortlichkeiten gibt es praktisch in jedem Familienstammbaum in irgendeiner Form. Und die Prägungen daraus vererben sich weiter.
Für immer Flüchtlingskind
Die Generation meiner Eltern, vielleicht ist es bei dir die deiner Großeltern, hat den letzten Krieg noch mehr oder weniger bewusst erlebt. Aus einer Familie kenne ich die Geschichte, dass eine heute über 90jährige Frau als Kind zusammen mit ihrer Familie aus ihrer Heimat, dem Sudetenland weggehen musste. Als „Flüchtlingskind“ kam sie nach Deutschland, wuchs dort auf und lebte dann Jahrzehnte mit ihrer eigenen Familie mit drei Kindern in Süddeutschland.
Äußerlich betrachtet hatte diese Frau ein gutes Leben. Aber noch heute sind die Spuren dieses sehr einschneidenden Erlebnisses sehr präsent. Niemand würde sie heute als „Flüchtling“ sehen. Doch in ihrem Unterbewusstsein haben sich die Erlebnisse der Flucht verbunden mit verschiedenen Emotionen so festgesetzt, dass daraus der Glaubenssatz entstanden ist „Ich bin ein Flüchtlingskind und mich will niemand.“
Im Leben zeigt sich dies darin, dass diese Frau kaum Kontakte pflegt und mehrheitlich für sich alleine ist. Seit ich sie kenne, das sind inzwischen fast 40 Jahre, wirkt sie auf mich immer sehr melancholisch und traurig und sie sieht generell alles Negative um sich herum.
Dieses Beispiel zeigt jedoch, wie solche Erlebnisse auch die nächsten Generationen beeinflussen können. Denn die beiden noch lebenden Kinder zeigen dasselbe Muster, sehr pessimistisch immer die schlechteste Möglichkeit von allem zu erwarten, und beide wirken ebenfalls oft melancholisch und leicht depressiv. Sie zeigen dieses Muster, ohne den Auslöser dafür selbst erlebt zu haben.
Die Kinder sind beide ihren Weg gegangen, bei dem bei weitem nicht alles schlecht gelaufen ist. Doch das Gefühl, das sich als „Flüchlingskind“ tief in ihrer Mutter verankert hat, hat sich auf sie übertragen.
Family Clearing
Dies sind nur drei Beispiele dafür, welche Herausforderungen in unserem Familiensystem stecken und an uns weitergegeben werden können. Das kann aber alles gelöst werden, damit jeder seinen eigenen Weg wieder unbelastet gehen kann.
Falls dich dieses Thema interessiert, schau doch einmal in meine „Entfaltungsräume“. Dort findest du Informationen zum neuen Kurs „Family Clearing“, in dem wir zusammen viele Themen, die aus dem Familiensystem kommen und blockierend wirken können, aufdecken, transformieren und bewusst loslassen.
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